Juliane Kuhlmann ist neue Präsidentin des Landessportbundes Hessen

Seit wenigen Tagen steht erstmals eine Frau an der Spitze des Landessportbundes: Juliane Kuhlmann hat die Nachfolge von Dr. Rolf Müller angetreten, der dem Landessportbund 25 Jahre lang vorstand. Große Fußstapfen, doch sie wolle ihre eigenen Spuren hinterlassen, erklärt Kuhlmann im Gespräch mit der GNZ. Die 44-jährige Diplom-Agrarökonomin stammt aus Hammersbach im Main-Kinzig-Kreis und wohnt heute in Nauheim im Kreis Groß-Gerau.

„Meine sportliche Heimat liegt im Taekwondo“, meint Julian Kuhlmann. Sie ist noch immer im Chung-Gun Hammersbach und werde trotz mehrfacher Umzüge auch immer in diesem Verein bleiben, versichert die 44-Jährige. „Dort wurde der Grundstein für das gelegt, was ich heute mache, dass ich mich im Ehrenamt engagiere.“ Denn nach eigenen sportlichen Erfolgen auf nationaler und internationaler Ebene – unter anderem wurde sie Hessenmeisterin, war bei den Deutschen Meisterschaften erfolgreich und wurde in die Junioren-Nationalmannschaft berufen – übernahm sie im Verein ehrenamtliche Aufgaben in der Jugendarbeit. „Wenn du als junger Mensch merkst, dass dir Erwachsene so ein Vertrauen entgegenbringen, das motiviert unwahrscheinlich!“

Anspruch: Nicht 
Dr. Rolf Müller kopieren, 
sondern selbst 
die Richtung bestimmen

Über das Engagement im Verein kam sie zunächst zur hessischen 
Tawekwondo-Union, wo sie Jugendwartin wurde. In dieser Funktion kam sie mit der Sportjugend Hessen in Kontakt und lernte erstmals sportübergreifende Jugendarbeit kennen. „Das war für mich ein Aha-Effekt.“ Sie kam ins Junior-Team, arbeitete dort losgelöst von Amt und Wahlen an Projekten mit und wurde schließlich in den Landesvorstand der Sportjugend gewählt. 2003 wurde sie dessen Vorsitzende, ein Amt, das sie bis zum März 2022 innehatte. Die Idee, diesen Vorsitz gegen den des Landessportbundes zu tauschen, habe sie schon gehabt, ehe D. Rolf Müller sie gefragt habe, ob sie seine Nachfolge antreten wolle. „Es ist natürlich eine Bestätigung, wenn man deswegen auch von anderen angesprochen wird.“

Die Absicht, in Dr. Rolf Müllers Fußstapfen zu treten, sei „vermessen“, meint die Diplom-Agrarökonomin, die beim Land Hessen arbeitet. „Seine Schuhe können mir gar nicht passen. Außerdem würde das bedeuten, alles genau so weiterzumachen und alles zu lassen, wie es ist. Ich möchte jedoch meine eigenen Spuren hinterlassen, auch wenn ich in die gleiche Richtung gehe.“ Aktiv im Taekwondo ist sie heute nicht mehr, stattdessen ist sie sportlich im Nordic Walking aktiv und schwimmt – zwar nicht im Verein, aber passiv ist sie nach wie vor in Ronneburg Mitglied in der DLRG. Als eines der wichtigsten Themen ihres neuen Amtes sieht Juliane Kuhlmann die Digitalisierung des Landessportbundes. „Während der Corona-Pandemie wurden Insellösungen geschaffen. Ich finde, wir müssen neue Wege gehen, brauchen ein gesamtverbandliches Konzept. Das würde an der Basis einiges vereinfachen.“

Verbandschefin 
steht vor zahlreichen Herausforderungen

Unter der Pandemie hätten Vereine und Mitglieder gelitten, vor allem Kinder, für die viele Angebote weggefallen seien. Zwar habe der Landessportbund von Anfang an sehr gut mit der Politik zusammengearbeitet, aber man hätte nicht verhindern können, dass Vereinsangebote nicht hätten fortgesetzt werden können. „Ich hoffe, dass wir das nicht noch einmal erleben! Kinder erfahren ihre Welt durch Bewegung.“

Aber auch an anderer Stelle habe die Pandemie Spuren hinterlassen. Viele Vereine hätten nicht nur Mitglieder – vor allem Kinder und Jugendliche – sondern auch Übungsleiter eingebüßt. Der Landessportbund müsse dabei unterstützen, sie zurückzugewinnen, neue Übungsleiter auszubilden. „Auch viele Ehrenamtliche haben bei dem ganzen Hin und Her die Lust verloren. Wir brauchen diese Menschen, weil sie den Alltag in den Vereinen gestalten! Wir müssen es schaffen, das Ehrenamt als eine lohnende Investition in die Gesellschaft darzustellen – da werden wir kreative Lösungen finden müssen.“

Auch die Folgen des Ukraine-Krieges in Form von steigenden Preisen seien noch nicht abzusehen. „Das wird viele Vereine treffen, die ihre Sportstätten noch nicht energieeffizient saniert haben. Da wird es für uns Arbeit geben, wir werden uns für Förderungen einsetzen.“ Für Menschen, die aufgrund dieser Folgen nicht mehr den Vereinsbeitrag aufbringen können, will Juliane Kuhlmann Lösungen finden; einige Programme, auf die man zugreifen könne, gebe es da bereits, wie „Sport integriert Hessen“.

Für die sportpolitische Arbeit sieht Juliane Kuhlmann in den neuen Medien Potenzial, etwa in Form eines sportpolitischen Twitter-Kanals oder eines Newsletters. Neue Wege sollen in dieser Hinsicht vielleicht auch bei Präsidiumssitzungen gegangen werden, das werde sich in der heutigen konstituierenden Sitzung entscheiden. „Dann wird sich zum Beispiel klären, ob wir jede Sitzung in Präsenz machen müssen, oder ob angesichts der für einige langen Anfahrten auch digitale Sitzungen möglich sind.“

Juliane Kuhlmann ist klar, dass sie vielleicht nicht ganz so viele Termine wahrnehmen kann, wie ihr Vorgänger. Immerhin arbeitete sie noch und habe eine Familie, zu der neben ihrem Mann auch zwei Söhne (8 und 6 Jahre) gehörten. Doch auch ihr Terminkalender ist bereits gut gefüllt. „Ich werde versuchen, viel an der Basis unterwegs zu sein. Es ist mir eine Herzensangelegenheit herauszufinden, wo der Schuh drückt.“ Sie ist optimistisch, dass sie mit einem tollen Team an ihrer Seite alle Herausforderungen meistern wird.

 Die erste Frau an der Spitze des Landessportbundes: Juliane Kuhlmann stammt aus Hammersbach. Als Aktive feierte sie große Erfolge im Taekwondo. Foto: re

 Gelnhäuser Neue Zeitung