Seine Kinder- und Jugendjahre verbrachte Dr. Rolf Müller in Gelnhausen
Von Tanja Bruske-Guth
Klickerspielen an der Untermarktlinde, Edgar-Wallace-Filme im Pali-Kino und Schwimmen in der Kinzig: Der ehemalige Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Landessportbunds, Dr. Rolf Müller, verbrachte eine idyllische Kindheit in Gelnhausen, wo er in einer Buchhandlung aufwuchs. Warum in ihm außerdem ein Narr versteckt ist und warum in seinem Kinderzimmer Bierdeckel an die Wand genagelt waren, verrät er in der GNZ-Serie „Meine Jugendjahre“.
Dr. Rolf Müller, geboren am 1. Dezember 1947, ist ein echter Gelnhäuser, der seine Heimatstadt als Wohnort niemals verlassen hat. „Ich brauche den Blick auf die Marienkirche“, sagt er. Seine Eltern leiteten die Buchhandlung Jungnickel in der Langgasse. Dass in diesem Umstand seine Liebe zu Büchern und zur Literatur begründet liegt, kann sich jeder denken. In einer Buchhandlung aufzuwachsen, habe ihn bis heute geprägt: „Ich bin ein Büchernarr!“.
Aufgewachsen in der Buchhandlung Jungnickel
Zunächst wohnte er mit seinen Eltern sogar über der Buchhandlung. Dort gab es nur ein gemeinschaftliches Zimmer, selbst die Küche wurde mit einer Tante zusammen genutzt. 1955 zog die Familie an den Untermarkt um. „Dort hatte ich dann mein eigenes Zimmer. An die Wände habe ich Bierdeckel genagelt.“ Denn Rolf Müller war schon immer ein Sammler. Für Poster hatte er hingegen nichts übrig. Neben den Bierdeckeln sammelte er Autogramme, das tut er bis heute. Auch Briefmarken und Siku-Autos gehörten dazu. Sein Taschengeld gab er für Süßigkeiten im Lädchen von Otto Auth aus (am liebsten Weingummi und Schokolade) und für „Klicker“. Neben den Glasmurmeln war bei den Kindern Fußballspielen vor der katholischen Peterskirche angesagt, und ein Treffpunkt war unter der großen Linde am Untermarkt. Später legte er das Taschengeld zum Teil auch in Kinobesuche an: Im Pali sah er am liebsten Musikkomödien mit Conny Froboess, Peter Krauss und Peter Alexander – oder Edgar-Wallace-Filme.
Ein weiteres Faible, das in Müllers Kindheit begründet liegt, sind Clowns. Das Buch „Ansichten eines Clowns“ von Heinrich Böll beeindruckte ihn schon als Jugendlicher, obwohl er sonst lieber Abenteuerbücher las. In der Schule interessierte er sich für Deutsch, Politik, Sport und Religion. „Zeitweise habe ich sogar überlegt, Pfarrer zu werden.“ Bei seinem Deutsch-Abitur am Grimmelshausen-Gymnasium unterlief ihm allerdings ein Fauxpas, als ihm, beim Thema „Ansichten eines Clowns“ nach einem weiteren Narren gefragt, ausgerechnet der Simplicius Simplicissimus nicht einfallen wollte.
„Eine absolute Niete war ich in Mathematik. Dass meine Töchter später Mathe und Chemie als Leistungskurse belegten, empfand ich als Affront“, scherzt er. Trotz seines eher zurückhaltenden Interesses an Naturwissenschaften hegte Müller großes Interesse am Weltraum und las Sachbücher dazu. Ein Interesse, das sich bis heute gehalten hat.
„Der Schwimmverein war meine zweite Heimat“
Eine weitere Leidenschaft von Rolf Müller war schon in seinen jungen Jahren der Schwimmverein Gelnhausen. Damals wurden die ersten Schwimmübungen noch in der Kinzig absolviert, und auch die Wettbewerbe wurden dort ausgetragen. „Weil das Wasser nicht kälter als 16 Grad sein durfte, mussten wir manchmal ein bisschen schummeln.“ Seinen ersten Wettkampf absolvierte der Brustschwimmer 1962 in Büdingen – Jahre später wurde er Deutscher Hochschulmeister. Mit 17 Jahren wurde er in den Vorstand des Schwimmvereins gewählt, dem er 56 Jahre lang angehörte. „Der SVG war meine zweite Heimat, meine zweite Familie.“
Allerdings hatte der „Gelnhäuser Bub“ zahlreiche weitere Interessen: Er spielte auch Fußball, Handball und Volleyball. Als kurz vor der Konfirmation eine Skifreizeit in der Rhön anstand, stellte er sich als Sportler selbstbewusst zum ersten Mal auf die Skier. Seine Premierenabfahrt endete für ihn als Bruchpilot; die Konfirmation feierte er mit gebrochenem Schienbein.
In der Schule war Müller engagiert und absolvierte seinen ersten Wahlkampf, als er 1964 zum Schulsprecher des Grimmelshausen-Gymnasiums gewählt wurde. Dafür durften die Jugendlichen die Lautsprecheranlage nutzen. Zusammen mit Freunden nahm er mit dem Tonband Werbespots auf: Beatles-Musik und „Wählt Rolf Müller!“ Die Tonbandaufnahmen machten ihm jede Menge Spaß. Noch heute stellt er für seine Frau zum Jahrestag Musik-CDs als Unikate zusammen.
Musik war ohnehin ein Teil seines Lebens, denn er war auch Schlagzeuger in der Schulband „The Rangers“. „Wir spielten im Jazzkeller und in Scheunen.“ In Discos ging er eher nicht, dafür mit Freunden auf private Partys und auf Maskenbälle. Denn auch der Fasching lag ihm als echter „Clown“ am Herzen: Schon mit 15 Jahren stand er das erste Mal in der Bütt, moderierte später die Schelme- Veranstaltung „Wer will, der kann“, eine Art Talentwettbewerb, und „Zu Gast bei den Schelmen“.
Da er Journalist werden wollte, war er auch für die damalige Gelnhäuser Zeitung, das „Tageblatt“ unterwegs, hatte mit „Gelnhäuser Gebabbel“ sogar eine tägliche Kolumne und war unter seinem Kürzel „rom“ stadtbekannt.
„Ich hatte eine glückliche Kindheit und Jugend – dafür bin ich meinen Eltern sehr dankbar“, sagt Rolf Müller abschließend.
1. Am Schlagzeug mit Beatles-Perücke.
2. Selbstporträt an der Fotobox: Dr. Rolf Müller mit seiner Frau Marlies Mosaike-Müller bei der GNZ-Sportler-Gala im Januar. Foto: GNZ-Archiv.
3. Konfirmation mit Gipsbein: Dr. Rolf Müller (vorne) fiel auf jeden Fall auf. Foto: re
4. Rolf Müller bei den Schwimmvereinskollegen (von rechts) Klaus Stutzer, Wolfgang Zimmer und Peter Reder.
5. Rolf Müller trat auch gerne als Clown bei den Schelmen auf.
6. Erster Wahlkampf 1964 als Schülersprecher des Grimmelshausen-Gymnasiums.