Top-Schwimmer Alexander Kunert (SV Gelnhausen) musste die USA blitzartig verlassen – sein großer Traum schwindet zusehends
Alexander Kunert musste schnell reagieren. Der Uni- Campus der Queens University of Charlotte im US-Bundesstaat North Carolina, an der er studiert, sei so schnell wie möglich verlassen, teilte deren Präsident per E-Mail mit. Wenige Stunden, nachdem der Topschwimmer des SV Gelnhausen und zweifache Deutsche Meister über 200 Meter Schmetterling die 200 Meter Freistil bei den US-Collegemeisterschaften als Vorlaufschnellster beendet hatte, musste er seine Heimreise organisieren. Jetzt befindet sich der 24-Jährige wieder in seiner Wahlheimat Berlin: Er wartet auf das Ergebnis seines Corona-Tests sieht seine großen Traum, die Teilnahme an den vor einer Absage stehenden Olympischen Sommerspielen in Tokio, mit jedem weiteren Tag ein kleines bisschen mehr schwinden. Für die GNZ hat Alexander Kunert seine Gedanken, Empfindungen und Einschätzungen folgendermaßen zusammengefasst.
Noch am Donnerstag, 12. März, habe ich morgens die 200 Yards Freistil als Vorlaufschnellster bei dem wichtigsten Uniwettkampf des Jahres, der NCAA DII, geschafft, mich auf das Finale gefreut, als urplötzlich wie aus dem Nichts uns am Nachmittag gesagt wurde: Die Finals sind abgesagt. Der Wettkampf wurde vor den Finals abgebrochen. Wir konnten es nicht fassen.
Die wie in Stein gemeißelten Uniwettkämpfe der NCAA DII wurden unterbrochen, mittendrin. Ich war voll ausgetapert, ich war in Topform. Am Mittwoch, also tags zuvor, hatte ich die 200 Yards Lagen zweimal in Bestzeit absolviert und wurde Zweiter, und nun das. Wir alle waren total geschockt.
Am Freitag, 13 März, sind wir Schwimmer alle nach Charlotte, North Carolina, zur Queens University zurückgereist. Da hatten wir Studenten schon eine Mail bekommen, dass wir bis Sonntag, 15. März, den Campus komplett zu räumen hätten. Nicht nur für uns Ausländer eine ziemlich einschneidende Maßnahme.
Die privaten Sachen wurden in ein Lager gebracht, den für Ende April zu den Deutschen Meisterschaften gebuchten Flug habe ich umgebucht und mit dem erstbesten Flieger ging es ab nach Deutschland. Am nächsten Tag wäre das schon sehr viel schwieriger geworden.
Seit Montag, 16. März, bin ich wieder in Berlin, ich darf nach einigem Hin- und Her noch immer nicht am Olympia-Stützpunkt in Hohenschönhausen trainieren. Donnerstag musste ich erste einmal einen Coronatest machen, bis zum vergangenen Sonntagnachmittag lag noch immer kein Ergebnis vor, was bedeutet, bis auf weiteres kein kein Training für mich möglich ist. Dann bin ich seit über zehn Tagen komplett raus aus dem Training. Die Deutsche Meisterschaft in Berlin wurde wie ja fast alles Sportliche in Deutschland abgesagt. Die mögliche Qualifikation für Olympia 2020 steht noch im Raum. Ich bin ziemlich geschockt, viele meine Kollegen sicherlich auch, über das was hier und überall in der restlichen Welt gerade abgeht. Aber ich bin wieder Zuhause und ob Olympia 2020 stattfindet, steht aus meiner Sicht in den Sternen. Ich würde die Spiele verschieben, wenn meine Meinung zählen würde. Wenn sie 2021 stattfinden, dann bereite ich mich darauf vor, wenn es machbar ist. 2022 gilt das Gleiche. Aber wer weiß schon, wie lange die weltweite Krise dauern wird ?
Der Olympiastützpunkt Hohenschönhausen ist derzeit der einzige Ort im Nordosten Deutschlands, wo Kaderathleten, die sich auf die Olympiade vorbereiten, noch im Wasser trainieren können, solange keine Quarantäne auftritt durch einen positiven Coronatest, von wem auch immer. Ich bleibe meinem Verein SV Gelnhausen weiter treu, das wird sich nicht ändern. Wichtig ist aber, dass die weltweite Krise bald endet, wieder Normalität einkehrt und möglichst alle wieder gesund werden, die erkrankt sind oder noch erkranken. Das ist unser Aller Hoffnung.
Meine Uni hat alles auf Onlinekurse eingestellt, damit wir das Semester bis Ende April regulär beenden können. Wenn alles normal läuft, werde ich dann Ende August 2020 wieder in die USA fliegen und mein Studium an die Queens University in Charlotte, North Carolina, hoffentlich normal fortsetzen. Im Moment herrscht für alle Ausländer in die USA absolutes Einreiseverbot bis auf Weiteres, auch für die mit Visum.
Triumph und Tragik: Der zweifache deutsche Meister Alexander Kunert, der in North Carolina studiert, stellte auch in den USA seine internationale Klasse unter Beweis. Jetzt muss sich der 24-jährige mit dem Gedanken an eine Absage oder Verschiebung der Olympischen Sommerspiele in Tokio auseinandersetzen. FOTO: RE