2. Bundesliga: Frauen- und Männer des SV Gelnhausen an übermächtigen Konkurrenten gescheitert
„Wieso feiert ihr, seid ihr nicht gerade abgestiegen?“, war die verblüffte Reaktion einer Trainerin in der Wiesbadener Schwimmhalle, als sie am Samstag die ausgelassen feiernden Gelnhäuser Athleten im Becken sah. Die SVG-Schwimmer waren mit ihrer Cheftrainerin Heike Heeger die letzten Akteure, welche die Halle verließen. Sie verbreiteten dabei eine Hochstimmung, als hätten sie gerade den Aufstieg in die 1. Bundesliga geschafft. Faktisch war allerdings das Gegenteil der Fall. Sowohl das Frauen- als auch das Männerteam der Barbarossastädter müssen nach dem Zweitliga-Aufstiegs-Triumph vor Jahresfrist das Bundesliga-Unterhaus postwendend wieder Richtung Oberliga verlassen. Vor diesem Hintergrund drängt sich die Frage auf, wie das Stimmungshoch im Gelnhäuser Lager zu erklären ist.
Nach zwei anstrengenden, von ohrenbetäubend lauten Trommelschlägen begleiteten Abschnitten im entscheidenden Wettkampf in der hessischen Landeshauptstadt stand am Samstagnachmittag kurz nach 17 Uhr fest: Die Frauen des SV Gelnhausen steigen als Zwölfte der 2. Bundesliga Süd ebenso wieder in die Oberliga Hessen ab wie die SVG-Männer, die immerhin am Ende Elfte des Gesamtklassements Zwölften. In der stärksten 2. Bundesliga Schwimmen seit Bestehen der Deutschen Mannschaftsmeisterschaften, im Schwimmen (DMS) kämpftenalle süddeutschen Mannschaften verbissen um jeden Punkt. Leistungen, die manchmal der 1. Liga mehr als würdig wären, zeigten nicht; nur die Mannschaften, die um den Aufstieg kämpften.
Vom ersten Wettkampf an wussten die Gelnhäuser: Es kann nur darum gehen, irgendwie den Abstieg zu vermeiden. Die Konkurrenz aus Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland- Pfalz und Sachsen war aber so stark wie nie zuvor. Trotz hervorragender Punktzahlen, die in der 2. Liga Nord am Ende zur Bronzemedaille gereicht hätten, wurde das junge weibliche Nachwuchsteam von Heike Heeger von Anfang an am Ende der Tabelle geführt. Die SVG-Männer begannen nach Alexander Kunerts Eröffnungs-Auftritt über 200 Meter Freistil immerhin einmal als Erste, wurden aber dann schnell ans Tabellenende durchgereicht. Die meisten Mannschaften brachten einen famosen Kampf um jeden geschwommenen Meter ins Becken. Auch die Gelnhäuser gaben alles, allerdings wussten sie, dass ein mittleres Wunder geschehen musste, sollte der drohende Abstieg doch noch vermieden werden. Der sehr guten Laune aller Teilnehmer schon bei dem ersten Schlachtruf tat das keinen Abbruch. Die positive Energie trug sich durch den ganzen Tag und viele SVGler wuchsen bei ihren Rennen über sich hinaus. Auch die neuen, jungen Schwimmerinnen fügten sich erstklassig in die SVG-Frauenmannschaft ein. Allerdings war auch schnell klar, dass einer der Leistungsträger der Vorjahre in der Männermannschaft, Hendrik Schamber, krankheitsbedingt nach den 100 Metern Schmetterling die Segel streichen musste und kein weiteres Rennen bestreiten konnte. Diese Schwächung steckten die Mannen um den immer noch aktiven SVG-Geschäftsführer Dirk Janssen weg und sie gaben weiter alles – dies war der Beleg für einen eindrucksvollen Teamgeist.
Beeindruckend war die gute Stimmung in den beiden SVG-Teams, über die sich andere Schwimmer fortwährend wunderten. Mit neuen Top-Punktzahlen verabschiedeten sich die Gelnhäuser am Ende gut gelaunt aus Wiesbaden. Die Frauen um ihre beste Schwimmerin Barbara Schaal holten 14 915 Punkte, die Männer 15 244 Punkte. Nach ihrer Rückkehr in die Heimatstadt feierten die SVG-Schwimmer erst im „Paradies“ in Gelnhausen ausgiebig, danach ging für die Erwachsenen die Feier privat weiter. Bei all der Freude gab es aber auch einen kleinen Wermutstropfen für die SVG-Männer, denn Alexander Kunert, wie in den Vorjahren fleißigster Punktesammler und mit einem neuen SVG-Vereinsrekord über 400 Meter Freistil in 3:49,63 Minuten glänzend unterwegs, wird seinem Heimatklub ab kommendem Jahr fehlen, wenn es möglicherweise um den direkten Wiederaufstieg gehen kann. Er geht, wie bereits berichtet, aller Voraussicht nach in die USA, um dort zu studieren und zu trainieren.
SVG-Trainerin Heike Heeger bedankte sich bei ihren Schwimmern: „Sie haben allesamt einen tollen Einsatz gezeigt und erstklassige Ergebnisse erzielt. Jedes Mannschaftsmitglied hat sich wie gewohnt zu 100 Prozent reingehängt und am Ende sehr gute Gesamtpunktzahlen abgeliefert. Uns hätte der Klassenerhalt wirklich sehr gut zu Gesicht gestanden.“
Zumal die hochkarätig besetzten Konkurrenten in altbekannter Manier für den Endkampf „aufgerüstet“ hatten: Viele Teams heuerten eigens externe Wettkampfschwimmer an, um ihr Potenzial zu verbessern. „Diese Praxis haben wir nie übernommen, und das werden wir auch nicht tun“, bekräftigte Heeger. Die Gelnhäuser halten es dann lieber nach dem Motto: Ein würdiger Abstieg und dann ein erneuter Aufstieg wie Phönix aus der Asche.
Die Barbarossastädter stecken offensichtlich in einem Dilemma: Für die Oberliga Hessen sind die Gelnhäuser zu stark, für die 2. Liga reichte es einmal mehr nicht. Die Schwimmer aus dem Kinzigtal nehmen es mit Humor. „Es sind ja beide Mannschaften abgestiegen, dann verbreiten wir eben nächstes Jahr in der Oberliga gemeinsam eine Riesenstimmung“, verlautete es aus Mannschaftskreisen.
Mit Blick auf das Auf- und Abstiegsresultat ist Folgendes zu beachten. Mit Leipzig und München steigen voraussichtlich zwei Frauenteams aus der 2. Bundesliga Süd in die 1. Liga auf. Bei den Männern ist es nach dem derzeitigen Stand der Dinge lediglich Wettkampfgewinner Neckarsulm; die amtliche Bestätigung des Endergebnisses wird erst Anfang dieser Woche vorliegen. Da bei den Männern voraussichtlich zwei Mannschaften aus dem süddeutschen Raum aus der 1. Liga absteigen, wird es neben den Gelnhäuser Männern in puncto Abstieg vermutlich auch Offenbach und Bamberg treffen. Der in diesem Jahr sicher zum Klassenerhalt führende Platz acht war für die Gelnhäuser Männer dieses Mal nicht drin. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass der historische dritte Platz in der 2. Bundesliga, den die SVG-Schwimmer 2015 in Gelnhausen erreicht hatten, mit weniger Punkten erzielt wurde als das SVG-Männerteam in diesem Jahr erkämpfte. „Das sagt alles über die Stärke der aktuellen Zweitligateilnehmer. Auch insofern ist der Abstieg unserer beiden Teams angesichts der enormen Konkurrenz in der Tat kein Grund zur Trauer“, merkte Heike Heeger abschließend an.
Statistik
Mannschaftsaufstellungen
SV Gelnhausen Frauen: Barbara Schaal, Bo Heeger, Susan Sparn, Donia Zrelli, Jil Reisert, Lestari Slisch, Jana Schomann, Ronja Sauer, Chiara Kirsch und Luise Olischläger.
SV Gelnhausen Männer: Alexander Kunert, Dirk Janssen, Dr. Christof Heeger, Hendrik Schamber, Lucio Betz, Thomas Groß, Julian Olbrich, David Behnsen, Alexander Brechtel, Loris Betz und Felix Gundlach.
2. Bundesliga Süd Frauen
Platz | Verein | Punkte |
---|---|---|
1. | SSG Leipzig | 18 159 |
2. | Stadtwerke München | 17 399 |
3. | DSW Darmstadt | 17 179 |
4. | SC Wiesbaden | 16 813 |
5. | SG Region Karlsruhe | 16 076 |
6. | SG Mittelfranken | 16 040 |
7. | SG Regio Freiburg | 15 956 |
8. | Swimteam HedDos | 15 842 |
9. | Hofheimer SC | 15 716 |
10. | SC Chemnitz | 15 448 |
11. | EOSC Offenbach | 15 027 |
12. | SV Gelnhausen | 14 951 |
Auf- und Abstieg: Leipzig und München stehen nominell als Aufsteiger in die 1. Bundesliga fest (wobei die offizielle Bestätigung noch aussteht). Definitiv abgestiegen sind der EOSC Offenbach und der SV Gelnhausen.
2. Bundesliga Süd Männer
Platz | Verein | Punkte |
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1. | SU Neckarsulm | 17 999 |
2. | SC Wiesbaden | 17 538 |
3. | SV Würzburg II | 16 701 |
4. | SV Heidelberg | 16 551 |
5. | SG Mittelfranken | 16 243 |
6. | SG Regio Freiburg | 15 952 |
7. | SG Schwäbisch Gmünd | 15 928 |
8. | SG Reutlingen/Tüb. | 15 497 |
9. | SG Bamberg | 15 452 |
10. | ESOC Offenbach | 15 364 |
11. | SV Gelnhausen | 15 244 |
12. | TSV Hohenbrunn-B. | 15 056 |
Auf- und Abstieg: Neckarsulm steht nominell als Aufsteiger fest (die offizielle Bestätigung steht noch aus). Definitiv abgestiegen sind Hohenbrunn und Gelnhausen. Weitere nominelle Absteiger sind der EOSC Offenbach und die SC Bamberg (auch hier liegt die offizielle Bestätigung von Seiten des Verbandes noch nicht vor).
Behielten trotz allem ihre gute Laune: Das SVG-Männerteam ließ Cheftrainerin Heike Heeger hochleben (oberes Bild). Beide Gelnhäuser Mannschaften erkämpften sich sehr gute Punktzahlen, die im Duell mit den hochkarätigen Konkurrenten aber letztlich nicht zum erhofften Klassenerhalt reichten. FOTOS: RE
Hier mit Bo Heeger in Aktion.
Alles gegeben, gehofft und doch abgestiegen: Betretene SVG-Mienen am Beckenrand. Der Frust war allerdings nur von kurzer Dauer.
Die erheblich verjüngte Frauenmannschaft aus Gelnhausen sammelte beim DMS-Zweitliga-Endkampf in Wiesbaden wertvolle Erfahrungen.